Mittwoch, 11. Dezember 2013

Einsatz von Elektroreizgeräten im Hundesport

Einsatz von Elektroreizgeräten im Hundesport

Elektoreizgeräte (auch Tacker genannt) werden leider immer noch im Hundesport benutzt, obwohl ihre Verwendung seid Jahren nicht mehr gestattet ist. Besonders verbreitet ist diese Trainingsmethode im Bereich des Schutzhundesports (Ich schreibe bewusst "Schutzhundesport", s.u. [1]). Dort zieht man die ethischen Grenzen, was Menschen mit ihren Tieren zum Zwecke eines Hobbys tun dürfen, anders als ich das tue. Das hat die Tierschutzorganisation "PETA" in diesem Jahr zeigen können. Nicht alles was PETA macht, empfinde ich als rational und begrüßenswert, aber hier finde ich es ziemlich gut, dass sie heimlich auf den Plätzen gefilmt haben, um die Verlogenheit der Sportler zu zeigen, die wider besseren Wissens immer noch in der Ausbildung auf diese Geräte [2] setzen.

 


Der belgische Hundetrainer und Elektroreizstromexperte Bart Bellon wollte sich Rechtssicherheit vor Gericht erstreiten, damit er auf Seminaren, die Handhabung dieser Geräte zeigen kann. Da das Tierschutzgesetz (§3, 11) den Einsatz von Elektrogeräten eigentlich ausschließt, wollte er sich seine Sachkunde bestätigen lassen, die dazu führen sollte, dass das TSchG nicht zur Anwendung käme. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht im Jahre 2004 deutlich und abschließend widersprochen und den Einsatz der Geräte verboten:
"Es handelt sich zunächst fraglos um Geräte mit direkter Stromeinwirkung auf ein Tier. Auch wird das artgemäße Verhalten des Hundes, insbesondere seine Bewegung erheblich eingeschränkt. Ziel der Verwendung ist es gerade, über einen Zugriff auf den Hund selbst über größere Entfernungen unerwünschte Bewegungen wie Weglaufen oder Jagen zu unterbinden und erwünschte Bewegungen wie etwa Herkommen oder dergleichen zu erreichen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Klägers, dass bei Verwendung eines Elektroreizgerätes mehr Bewegungsfreiheit gewährleistet sei als bei Verwendung einer Leine, nicht geeignet, das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung zu verneinen."
In dem Hundesport (Obedience), den ich ausübe , kommt man definitiv ohne solche Methoden aus. In meinem Verein, dem GHSV Ahrensburg, sind in allen Sportarten weder Elektroreizgeräte, Stachelhalsbänder, Würger noch Leinenrucke gestattet. In der Ausbildung sind die Hunde fast durchgehend ohne Leine, sobald sie abruf- und kontrollierbar sind. Gestattete Hilfsmittel sind Futter, Spielzeug und Stimme. Okay, ein verbales "Nein!" gehört - selten - auch zum Training, aber ein "Nein!" muss ein Hund ohnehin verstehen. Auch unter diesem Bedingungen gelingt es uns sehr erfolgreich Hundesport zu betreiben und auch wenn man vielleicht etwas vorsichtig mit der Zuschreibung solcher Gefühlslagen zu Tieren sein sollte, so bin ich doch der festen Überzeugung, dass die Hunde bei uns auf dem Platz Spaß und Freude erleben. Wer mag, kann sich jederzeit mit eigenen Augen davon überzeugen.

Wir machen allerdings keinen "Schutzdienst" bei uns, sondern nur die modernen Sportarten Agility und Obedience, dazu Turnierhundesport und die recht jungen Hundesportarten Flyball und Rally-Obedience. Der "Schutzdienst" wirkt aus der Zeit gefallen. Den Hund Menschen stellen, verbellen und an der Flucht hindern zu lassen, wirkt so antiquiert und obrigkeitsstaatlich, dass er in eine zivilen Gesellschaft nicht wirklich hinein passt. Okay, auch Menschen betreiben Kampfsport, ohne deswegen gleich aggressiver oder unziviler sein zu müssen. Es gibt solchen und solchen Kampfsport. Ähnliche Unterschiede gibt es auch beim Schutzhundsport. Auch der lässt sich sicher so ausbilden, dass er keine tierschutzrelevanten Mittel benötigt und das tun auch sicher viele.

Die Hundesportvereine befinden sich im Umbruch. Die "klassischen" Vereine, die ausschließlich auf den Schutzdienst setzen, verlieren mehr und mehr Mitglieder. Die Vereine, die sich zu öffnen versuchen, müssen öfter Konflikte aushalten, weil die einzelnen Sparten um Ressourcen streiten und auch Mentalitätsunterschiede aufweisen. Dennoch sind in den Hundesportverbänden noch vielfach die Vertreter des Schutzdienst in wichtigen Positionen zu finden. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich auch da die Vertreter der anderen Disziplinen ausreichend zu finden sind. Die Halbwertzeit der Funktionäre ist erstaunlich lang. Nein, eigentlich ist es nicht erstaunlich, da ehrenamtliche Tätigkeit im Kern von "Überzeugungstätern" geleistet wird und da gibt es nicht so viele Menschen, die das auf sich nehmen.

Die evolutionäre Änderung der Hundesportverbände kann sich beschleunigen, wenn der Selektionsdruck von Außen erhöht wird. Dazu können die PETA-Ermittlungen beitragen. Ich hätte mir gewünscht, dass sie etwas ausführlicher und deutlicher dokumentiert sind. Leider wurde anscheinend auch nur der SV, der Verein für Deutsche Schäferhunde, unter die Lupe genommen. Der ist aber nicht der einzige Verband, der Schutzhundesport betreibt. Auch in anderen Verbände dürften diese Trainingsmethoden verbreitet sein.

Der Verein für Deutsche Schäferhunde wurde am 12.09.2013 mit den PETA-Ermittlungen konfrontiert und auf der Seite "Aktuelles" findet sich ein weiter unten eine Mitteilung dazu:

"Der Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) e.V. wurde im Laufe des heutigen Tages mit einer Veröffentlichung von Videoaufnahmen konfrontiert, die über die Tierschutzorganisation peta im Internet vorgestellt wurden.
Die Videosequenzen, mit Aufnahmedaten von Juli und August 2013, zeigen u.a. Teilnehmer der diesjährigen SV-Bundessiegerprüfung  in Trainingssituationen und erheben den Vorwurf des Einsatzes und der Verwendung von E-Geräten.
Diese Vorwürfe werden seitens des Vereins sehr ernst genommen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung wurde mit der Aufklärung der Sachverhalte begonnen.
Der Verein stellt unmissverständlich fest, dass der Einsatz von E-Geräten mit der Satzung, dem Tierschutz  und den sportlichen Zielen unvereinbar ist. 
In der Sache wurden folgenden Entscheidungen getroffen:  
  1. Um eine lückenlose Aufklärung zu gewährleisten wird gegen jeden Betroffenen ein vereinsinternes Ordnungsverfahren eingeleitet und durchgeführt.
  2. Die Tierschutzorganisation peta wird gebeten, sämtliches zur Aufklärung dienliches Videomaterial zur Verfügung zu stellen.
  3. Hinsichtlich der angekündigten Strafanzeigen sichert der Verein schon heute eine vollumfängliche Unterstützung der Ermittlungen an.
  4. Sollten sich die Vorwürfe als begründet erweisen, so erfolgt eine rückwirkende Disqualifikation einhergehend mit der Aberkennung der erreichten Platzierung.
  5. Seitens der betroffenen Teilnehmer wurde eine Ehrenerklärung abgegeben, die beinhaltet, dass auf dem gezeigten Videomaterial kein E-Gerät benutzt wurde.
  6. Die betroffenen Personen stimmen dieser Entscheidung vollumfänglich zu.
  7. Im Rahmen der Auslosung wurde diese Entscheidung durch den SV-Bundespressesprecher öffentlich gemacht."
Besonders Punkt 5 ist spannend. Er deutet schon die typische Verteidigungsstrategie an: Es wurde ja kein Elektroreizgerät benutzt, es wurde nur so ein Gerät in der Hand gehalten. Soll doch erst mal bewiesen werden, dass die (a) funktionsfähig waren und (b) auch benutzt wurden. Besitzen und in der Hand halten ist ja nicht verboten...

Angesichts dieser Ausreden ist die Stellungnahme des SV windelweich.


[1] Der Schutzhundesport hat im Laufe seiner Geschichte häufige Umbenennungen erfahren. Ursprünglich wurden sämtliche Teildisziplinen, wie Fährten, Unterordnung und Schutzdienst unter dem Namen Gebrauchshundesport zusammengefasst. Dann hieß das Ganze Schutzhundesport, dann wurde es in Vielseitigkeitsprüfung (VPG) und nun vor kurzem wieder in Gebrauchshundsport umbenannt.

[2] Für Stachelhalsbänder und andere schmerzufügende Halsungen und Ausbildungshilfen gibt es kein so explizites Verbot, wie für Elektroreizstromgeräte. Sie sind aber mindestens so gegeignet, das artgemäße Verhalten des Hundes, insbesondere seine Bewegung erheblich einzuschränken.

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